Obdachlosigkeit hat viele Gesichter

Obdachloser im Schlafsack

Als Caritas sehen wir heute, dass Obdachlosigkeit sehr viele Gesichter besitzen kann. Die Zahl jener Menschen, die die Caritas wegen Problemen rund um das Thema Wohnen aufsuchen, steigt - ebenso wie die Zahl der Ausspeisungen in unserer Obdachloseneinrichtung Gruft. Allein im Vorjahr gaben wir 127.600 warme Mahlzeiten an Menschen aus, denen das Geld oft für das Nötigste fehlt. So viele wie noch nie zuvor. Das Problem nicht leistbarer Mieten hat die Mittelschicht längst erreicht. Der Druck auf die Menschen nimmt zu.

Auf der Straße leben nur Leute, die versagt haben, die faul sind und stinken. Es ist nicht lange her, dass ich selber solche Gedanken hatte. Doch heute sage ich eines: Wer so denkt, soll einmal einen Tag und eine Nacht mit mir auf der Straße verbringen und sich anhören WARUM manche Menschen auf der Straße sind. Denn es kann jeden treffen.

Ernst,
Klient der Gruft

Schenken Sie ein wenig Wärme!

Es sind nicht mehr nur die klassischen "Sandler", also wohnungslose, ältere  Männer mit zerschlissener Kleidung und Rauschebart, sondern auch junge Menschen und Frauen, die von Wohnungslosigkeit betroffen sind.

Über die Anzahl der akut obdachlosen Menschen herrscht Ungewissheit. Unseren Schätzungen zufolge schlafen aktuell einige hundert Obdachlose in Wien trotz Wind und Kälte im Freien. Obdachlos zu sein bedeutet viel mehr als "nur" kein Dach über dem Kopf zu haben. Nicht nur Nässe, Kälte und Hunger gehen den Menschen auf der Straße unter die Haut, sondern vor allem auch Ablehnung und das Unverständnis vieler Mitmenschen. Obdachlosigkeit kostet Kraft und Obdachlosigkeit bedeutet Stress. Obdachlosigkeit macht krank und vor allem einsam.

Die Menschen, die auch heute Nacht im Freien übernachtet haben, brauchen Hilfe, finden aber nicht gleich den Weg in die Gruft. Es handelt sich um Obdachlose, die schlechte Erfahrungen mit Ämtern gemacht haben, die abschätzig behandelt oder ausgegrenzt werden oder sich einfach schämen. Schämen für ihre Situation, sich schämen Hilfe anzunehmen oder auch weil sie vielleicht psychisch krank sind.

Unsere Erfahrungen zeigen sehr deutlich: Niemand lebt freiwillig auf der Straße. Dreimal pro Woche - im Winter jeden Tag - sind unsere Sozialarbeiter*innen aus der Gruft unterwegs, besuchen obdachlose Menschen an den verschiedensten Plätzen Wiens, um ihnen Hilfe anzubieten und verteilen dank der Hilfe von unzähligen Spenderinnen und Spendern warme Schlafsäcke. Sie besuchen regelmäßig fixe Plätze wie die Donauinsel, den Praterstern, den Franz Josefsbahnhof und sind auch für Hinweise aus der Bevölkerung dankbar.

Obdachlosigkeit hat viele Gesichter

1 Schlafsack + 1 warme Mahlzeit = 1 Gruft Winterpaket